Ex-Press XIII

Blasen aus dem Mediensumpf.

Ist der Ruf erst ruiniert; diesem Motto lebt watson.ch schon seit seiner Gründung nach. Da hat auch der Rausschmiss des begabten Scheiterers Hansi Voigt nichts gebracht. Also indirekt schon, statt das Vermögen der Wanners zu verkleinern, melkt er jetzt in Basel arme Reiche ab.

Das Millionengrab watson treibt nicht nur das Gefäss Listicals – und damit auch den Leser – zum Wahnsinn. Sondern es belegt immer wieder, dass der Unterschied zwischen bezahlter Werbung als solcher und indirekt bezahlter Werbung, Advertorials, von den Redaktoren selbst geschriebener Werbecontent, so was von gestern ist.

Da sich die Eigenleistungen sowieso in einem sehr überschaubaren Rahmen halten (oder erinnert sich jemand jemals an einen Primeur?), müssen ja die vielen Kacheln gefüllt werden. Und «Babys, wie du sie bis jetzt vermutlich noch nie gesehen hast», obwohl ganz schön viel überflüssiger Text, ist ja auch nicht ausreichend für wisch und weg.

Also kommt es immer wieder zu diesen Schönheiten:

Swissmilk macht watson glücklich.

Nun gut, das ist einfach schamlos. Aber echt bedenklich wird es, wenn watson zu sogenannten «Analysen» schreitet. Da sich auch hier herumgesprochen hat, dass es doch diese Bitcoins gibt, eine virtuelle Währung, die aber ziemlich volatil ist (oder für watson-Leser: rauf und runter geht).

Der Fall für eine Analyse, und die kommt natürlich vom anerkannten Fachmann. Also von Julius de Kempenaer. Julius who? Also bitte, dem Erfinder der Relative Rotation Graphs (RRG). Wovon? Ach, lassen wir das. Also, der im watson-Universum weltweit bekannte Spezialist verschwendet viele, viele Zeichen und viele, viele Grafiken, darunter auch seine RRG dazu, das zu machen, was alle diese Voodoo-Künstler machen.

Er analysiert die Vergangenheit, um daraus auf die Zukunft zu schliessen. Kann funktionieren, muss aber nicht. Denn wie die Finanzkrise eins bewies: Wenn alle behaupten, dass Immobilienpreise nur noch und lange nach oben gehen, muss das deswegen nicht stimmen. Obwohl es in der Vergangenheit so war.

Nun sind wir aber bei watson, da kann man es natürlich nicht bei einem vorsichtigen «einerseits, andererseits, könnte durchaus, wenn nicht» bewenden lassen. Sondern eine klare Ansage muss her:

«40’000$ wären eine konservative Schätzung», prognostiziert der Hellseher. Dabei ist nur eines sicher: Der Kurs des Bitcoins wird sich verdoppeln – oder nicht.

 

Heisst das neue Virus Co?

Warum? Nun, weil immer mehr gequältes Publikum Augen und Ohren auf Durchzug stellt, wenn nur schon das Wort Corona beginnt. Aber wenn die Medien mal ein Hammerthema gefunden haben, dann hämmern sie und hämmern sie und hämmern sie.

Wir lassen es diesmal bei einer Bildergalerie der vier wichtigsten Tagesmedien bewenden:

Monothema zum Ersten bei Tamedia.

Monothema zum Zweiten bei der NZZ.

Monothema zum Dritten beim «Blick».

Halleluja, nicht nur Monothema bei CH Media.

Die Welt spinnt

Wir geben wieder beim Titel zu: Gut geklaut ist besser als schlecht erfunden. Also die Sammlung von wirklich wichtigen News. Beginnen wir in der Schweiz. «Problemhäftling Carlos zerstört seine unzerstörbare Zürcher Gefängniszelle», erschrickt der «Blick».

Das lässt nun doch an den Zürcher Fähigkeiten zweifeln, eine unzerstörbare Zelle unzerstörbar zu bauen. Obwohl dafür laut «Blick» 1,85 Millionen Franken ausgegeben wurden. Womit man auch eine recht unzerstörbare Villa bauen könnte.

Und noch ein Spritzer Heuchelei aus dem «Blick». Während sich Oberlehrer und Vordenker Frank A. Meyer darüber erregt, wieso die Schweinebacken der «Weltwoche» im Privatleben eines ihnen nicht genehmen Bundesrats schnüffeln, zeigt der «Blick» andernorts keine Hemmungen: «Bunga-Bunga-Orgie in Brüssel: So lief die Sex-Party mit dem EU-Parlamentarier». Aber der ist ja Parteigänger des rechten ungarischen Präsidenten.

Auch nau.ch weiss, was die Welt bewegt. Nämlich eine langatmig erzählte Anekdote über die Queen, der auf einer Australien-Reise von einem Lakaien ein Streich gespielt worden sei, auf den sie wie Trump reagiert habe: «You are fired». Aber im Gegensatz zur Gelblocke habe die weiss ondulierte Queen die Drohung nicht wahr gemacht.

Aber wenn die Welt spinnt, dann halten wir uns an wen? Genau, an die NZZ, das Blatt mit dem Blick fürs Wesentliche. Das fragt, warnt, über den Tellerrand schaut. Daher sieht die alte Tante geradezu orgiastische Zustände aufs uns zukommen: «Völlige Enthemmung der Geld- und Finanzpolitik» (hinter Bezahlschranke); mit diesem Quote titelt sie «ordnungspolitisches Bedenken», was bei ihr immer ein Alarmsignal ist. Ausgelöst durch die Personalie der neuen US-Finanzministerin, die schon als Notenbankchefin Geld- und Fiskalpolitik enthemmt vermischt habe. Meiner Treu, ist bei weiterer Enthemmung damit zu rechnen, dass wir sie oben ohne sehen werden?

Nur mit Frauenbonus geht ein Titel wie: «Ist Sabine Keller-Busse die richtige für den neuen Job?» Würde ein Mann nur schon diese Frage stellen, wäre ihm ein Shitstorm gewiss. Aber Zoé Baches darf das bei der neuen UBS-COO.

Ach, das Wetter ist ja eher scheisse (im Flachland), also erspare ich den Lesern an diesem besinnlichen Sonntag eine Beurteilung des mageren Ausstosses der «Republik» vom Samstag. Ein Kurzartikel über ein Bilderbuch, immerhin 7000 Anschläge nach «Ladies and Gentlemen and everybody beyond», die auf die mageren drei anderen Ergüsse hinweisen. Und obwohl Daniel Binswanger auf 8860 Anschlägen darüber nachzudenken versucht: «Welche Werte sind für die Schweizer eigentlich noch unverhandelbar?», sagen wir nichts dazu. Ebenso wenig über die 15’000 Anschläge eines griechischen Gastautors zu «Hellas Helvetica». Er ist nämlich Writer in Residence in Zürich, und das immerhin seit August. Also der Fachmann für Dürrenmatt, die Pandemie und die Schweiz. Der berühmte Blick von aussen. Aber in Wirklichkeit nur Ausdruck der Faulheit der Redaktion, an einem Tag mehr als eine Rezension, eine Kolumne und ein ausführliches Inhaltsverzeichnis zu schreiben.

Wir weisen einfach darauf hin, dass beim «Republik»-Jahresbudget dafür genau 17’808 Franken in den Abfluss gegurgelt sind, wenn man es durch 365 Tage teilt. Für haargenau 17’808 Franken weniger liefern wir bei ZACKBUM.ch täglich mehr. Nicht mehr Buchstaben, aber Mehrwert mit gleich viel Artikeln (ohne Inhaltsverzeichnis).

4 Kommentare
  1. Franco Zeller
    Franco Zeller sagte:

    Es ist erfrischend, über «Zackbum» den etwas anderen Blick in die Schweiz zu erhalten.

    «Blasen aus dem Mediensumpf» ist gut! Es ist praktisch unmöglich geworden noch irgendwo neutrale, kurzgefasste und trotzdem informative Nachrichten zu bekommen. Und immer die ewig gleichen Dauerthemen, langweilig, manipulierend, selbstherrlich.

    Jeder Halbanalphabet kann sich heutzutage «Journalist» nennen. Und darf bei den «seriösen» Zeitungen und TV arbeiten… Bei euch hingegen sehe ich mehr Professionalismus als bei den grossen Medienhäusern!

    Ich lebe in Übersee, in Südbrasilien. Auch hierzulande sind die Medien gleichgeschaltet. Leider habe ich hier noch nicht das Glück gehabt, ein Äquivalent zu eurem «Zackbum» gefunden zu haben.

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  2. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Heute aus dem SoZ-Sumpf:
    Bettina Weber, Mahnfinger- und Betroffenheitsjournalistin im Interview mit der deutsch-türkischen Politikwissenschaftlerin Çiğdem Toprak!

    Weber: Zunächst: Wie spricht man Ihren Vornamen aus?

    Çiğdem: Tschidem! Das g ist stumm, wie bei Erdogan. Da sagt man: Erdo-an.

    Weber: Mit dieser Frage befinden wir uns mitten im Minenfeld der politischen Korrektheit: Denn damit einher geht die Frage nach der Herkunft – was heute als rassistisch gilt. Sehen Sie das auch so?

    Bezeichnenderweise war die Antwort von Çiğdem Toprak wesentlich intelligenter als die Frage von Bettina Weber.

    Auch Weber ist so bescheuert die Frage: «Woher bist du?», versteckt der Rassismusecke zuzuordnen. Sie folgt dem debilen Mainstream der zwischen Rassismus und dem Interesse für einen Menschen nicht mehr unterscheiden kann. Auch ich wurde von Andersfarbigen schon nach dem «Woher» gefragt. Es waren keine andersfarbigen Rassisten, sondern Menschen die sich offen und mit Sympathie für mich interessierten, in Brasilien, in Ecuador, in Namibia. Ich habe das geschätzt und fühlte mich geehrt.

    Auf die Journalistinnen des TA und der SoZ, Frauengesellschaftsgrüppli um Priska Amstutz, ist Verlass. Sie liefern zuverlässig und regelmässig eine Peinlichkeit ab, werden dafür noch bezahlt. In 3 bis 4 Jahren sogar mit Steuergelder

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    • Rolf Karrer
      Rolf Karrer sagte:

      Aufmerksam beobachtet Victor Brunner.

      Diese völlig deplazierte Fragestellung von Bettina Weber gibt zu denken. Die Ressortchefin «Leben» hat sehr viel von sich preisgegeben in ihrer Denkweise. Eine Entgleisung, die ein Nachspiel haben müsste, weil symptomatisch.

      Souverän ist anders.

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    • peter loosli
      peter loosli sagte:

      Das war ein Steilpass, um genau diese «überraschende» Antwort hervorzurufen. Ein deutlich erkennbarer Steilpass dazu, Sie Medienprofis.

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