Grosses Zittern beim «Zürcher Oberländer»

Aderlass im grossen Stil

Seegräben, Bäretswil, Russikon. Eine eingeschlagene Scheibe in einem Metzgerladen, eine Temporeduzierung auf der Kantonsstrasse, die Sanierung des Schwimmbads. Was sich im Zürcher Oberland tut, dringt selten bis nach Zürich.

Der Rausschmiss des Chefredaktors des «Zürcher Oberländers» stellt eine Ausnahme dar. 32 Jahre lang schrieb Christian Brändli für die Tageszeitung, die letzten fünf Jahre wirkte er als Chefredaktor. Im Journalismus sind solche Zahlen selten.

Die Entlassung des obersten Redaktors durch den Verwaltungsrat und CEO der Zürcher Oberland Medien AG überrascht nur auf den ersten Blick. Die Zeitung durchlebt in Rekordgeschwindigkeit eine Entwicklung, die in anderen Verlagen schon seit Jahren andauert.

Praktikant übernimmt Kaderstelle

Recherchen von ZACKBUM.ch zeigen das Bild einer bis ins Mark verunsicherten Redaktion, die einen wohl einzigartigen Aderlass an Mitarbeiter zu verkraften hat. Alleine im letzten Halbjahr wurden 3 CvDs (Chef vom Dienst) entlassen, von drei weiteren vakanten Stellen wird nur eine neu ausgeschrieben. Ausserdem: Die Stelle der stellvertretenden Deskleiterin wird neu von einem Praktikanten besetzt. Stichwort Praktikanten: Der Zürcher Oberländer galt früher als Talentschmiede und beschäftigte immer mindestens drei Praktikanten gleichzeitig. Auch das wird anscheinend gestrichen. Der Verlag sucht in einem Inserat nur noch einen Praktikanten.

Die Redaktion steht also nach einem halben Jahr mit sieben Leuten weniger da. Darunter leidet natürlich die redaktionelle Leistung. Die Zeitung nahm für sich bisher in Anspruch, an jeder Gemeindeversammlung mit einem Redaktor teilzunehmen. Das wird nicht mehr möglich sein. Die Journalistinnen und Journalisten gehen fast nicht mehr raus. Telefonrecherche wird das genannt. Viele Journalisten verlassen das Schiff oder schauen sich um. Der ehemalige stellvertretende Chefredaktor, Benjamin Rothschild, kündigte erst vor Kurzem.

Der CEO, Daniel Sigel, wird auf der Redaktion selten gesehen. Dafür steht er für das nicht eingelöste Versprechen, die Zahl der Digitalabos zu steigern. Die Zahl dümpelt auch nach Jahren bei rund 450 reinen Digital-Abonnenten.

Sigel wollte auf die Fragen von Zackbum.ch keine Stellung nehmen.

Packungsbeilage: Der Autor hat beim «Zürcher Oberländer» einmal gearbeitet.

3 Kommentare
  1. K.Brunner
    K.Brunner sagte:

    Seriöser Journalismus war bei euch doch immer hoch angesetzt.
    Mindestens die Hälfte des Artikels hier ist faktisch nicht korrekt – bestenfalls schlecht recherchiert aber leider auch nicht objektiv.

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  2. Pascal Turin
    Pascal Turin sagte:

    Danke, Beni, für eure Recherchen. Das ist wichtig und ein guter Kontrast zu anderen Branchenseiten, die lieber die beschönigenden Medienmitteilungen der Verlage etwas aufpeppen.

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