In eigener und fremder Sache

Roger Köppel polarisiert. Und wird wegen diesem und jenem beschimpft. Aber …

Manche mögen ihn. Viele eher weniger. Baut er – als Einziger – in diesen Zeiten den Kulturteil aus und holt sich dafür einen angesehenen Herausgeber: Schweigen im Zeitungswald. Kann man nicht meckern, also sagt man lieber nichts.

Klimawandel, Trump, Verhältnis zur EU: gerne und mit Lust wedelt er da mit roten Tüchern, das nennt man Erregungsbewirtschaftung.

Aber: Er hat eine Eigenschaft, die eigentlich jeder Herausgeber oder Chefredaktor haben sollte. Und im deutschen Sprachraum, in der Schweiz ausser ihm keiner (und keine) hat. Er liebt die Debatte. Ausserhalb, aber auch innerhalb seines Blatts.

Das können einige andere und ich bezeugen. Kritisiert ihn jemand öffentlich, und tut er das nicht unter jedem Niveau, dann bietet er Platz in der «Weltwoche» für die kritische Meinung an. Wer da erschreckt nein sagt, in diesem Blatt doch nicht, bei Köppel doch nicht, ist schlichtweg ein blöder Belferer. Weil den Kritikern auch dazu eigentlich nichts einfällt, knirschen sie, dass die Langzeit-Kolumne von Bodenmann, die kritischen Stimmen, das Widersprechen, dass das alles doch Feigenblätter seien, pseudo, Vorspiegelung eines Dialogs, während es Köppels Monolog sei.

Welcher Schweizer Chefredaktor, welche Chefredaktorin, würde sich so niedermachen lassen?

Alle diese Dummschwätzer sollten sich mal fragen, ob ihr Chef es zulassen würde, in seinem eigenen Blatt so niedergemacht zu werden. Und wenn sie nicht auch noch verlogene Heuchler sind, müssen sie zugeben: niemals. Nicht im Traum. Nicht in anderen Welten.

Ich muss hier von mir schreiben, was natürlich auch Gelegenheit für Häme bieten kann. Aber es ist halt, wie es ist. Am 14. November veröffentlichte ich hier auf ZACKBUM.ch «Köppels Trumpfieren». Eine doch eher gnadenlose Abrechnung mit seiner Verehrung, zumindest Verteidigung von Donald Trump. Am Montag fragte er mich, ob er diese Polemik übernehmen dürfe. Sie habe seiner Redaktion und auch ihm ausnehmend gefallen.

Ich empfahl ihm, alle seine Mitarbeiter, die Sympathie für diesen Verriss geäussert haben, fristlos zu entlassen. Aber vorher: gerne. Das steigert nun noch die Vortaten, wo er bereit war, eine extra für die WeWo geschriebene Gegenmeinung zu bringen. Diesmal wollte er sogar ein bereits erschienenes Stück, mit Quellenangabe natürlich.

Der Beweis. Und erst noch in Titel und Lead angespitzt.

Also Hand aufs Herz, alle die, die Köppel für die Inkarnation des Gottseibeiuns halten: Macht sonst keiner. Müsste aber jeder machen, für den das Wort der Podiumszeitung, der freien Debatte, der offenen Kritik nicht einfach leere Worthülse ist. Die alle anderen Chefs gerne grossmäulig rumspucken.

Ach, da werfen sich zwei gegenseitig Steine in de Garten? Köppel steht gut da, Zeyer lobt ihn? Mag ja alles sein, nur: nachmachen, bitte!

Ich könnte auch Namen nennen, aber wozu. Früher, als ich das noch probierte, hörte ich zu oft: «Toll geschrieben, super Inhalt, neue Perspektive. Ehrlich gesagt, sehe ich auch so. Aber du weisst doch, wie es bei uns ist. Das kann ich nicht mal in der Konferenz vorschlagen, das kriege ich nie durch.»

5 Kommentare
  1. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Das Konzept von Rede und Gegenrede ist bei Somm und Köppel Teil der Überlebensstrategie und im «Gespräch bleiben». Somm geniesst das soziale Wohlwollen von TAmedia, Kolumne in der SoZ und ultrarechter Schwadroneur in der Sendung «Standpunkte. Köppel steht da auf eigenen Füssen mit seinem politischen Mandat und der WW. Mit der SVP und deren grundsätzlichen Verweigerungshaltung ist er in der Looserecke. Mit dem Ausbau des Kulturteils in der WW gewinnt er kurze Aufmerksamkeit, auch wenn ein 72 jähriger aus der Westschweiz, alt, weiss und Gähn, neu eine Kolumne schreibt. Für Köppel spricht trotz aller Widerungen er hält die WW in Fahrt, während Somm die BAZ an die Wand gefahren hat!

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  2. Rolf Karrer
    Rolf Karrer sagte:

    Dieser Artikel bestimmt gut für die Selbstreflexion etlicher angesagter Meinungsmacher.

    Herr Zeyer schreibt in dieser Kolumne von einem «blöden Belferer». Diese Umschreibung wird kaum mehr verwendet.

    Ein Belferer ist ein Zänker oder Widerbeller. Merke mir die Umschreibung WIDERBELLER, die mir besonders gut gefällt.

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  3. Marcella Kunz
    Marcella Kunz sagte:

    Sehen Sie, Herr Zeyer, es ging schneller, als ich selbst dachte.
    Mein Kommentar von damals: «Aber keine Sorge, Sie werden weiterhin in der Weltwoche schreiben dürfen. Bei Tamedia, Ringier und wohl auch NZZ dürfte dies schwierig bis unmöglich sein.»
    Ich verfolge Roger Köppels Weg schon lange. Er hat mich immer überzeugt und auch immer wieder überrascht. Ja, er ist eine Ausnahmeerscheinung im Journalismus.
    Was mir missfallen hat, war die Einladung an und seine Begeisterung für Bannon. Das wäre nun wirklich nicht nötig gewesen und hat ihm auch geschadet. Aber wer viel macht, macht ab und zu auch einen Fehler.

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    • Alois Fischer
      Alois Fischer sagte:

      Warum soll eine Einladung einer «interessanten» Person ein Fehler sein?
      Als neugieriger Mensch würde ich jederzeit jeden einladen um mehr über Sie oder Ihn zu erfahren. Einzige Voraussetzung: meine Neugier ist geweckt!
      Das Gehabe mit denen Leute andere Leute beurteilen, ohne nur ein Wort gewechselt, geschweige denn die nonverbale Kommunikation erlebt zu haben und dann noch pharisäerhaft zu urteilen, dass man mit solchen oder diesen Menschen «nicht nicht spricht» ist selbstgerecht und bloss strohdumm.

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  4. Simon Ronner
    Simon Ronner sagte:

    Roger Köppel (wie z.B. auch Markus Somm) glaubt wohl aus unterschiedlichen Gründen so sehr an das Konzept von Rede und Gegenrede. Primär ist es wohl seine liberale Grundhaltung, evtl. aber auch so abschreckende wie weitverbreitete Beispiele von Gleichschaltung, ideologischer Verhärtung, Denkfaulheit und Feigheit in der primär linken Medienblase.

    Die USP der «Weltwoche» als Blatt mit der wohl grössten Vielfalt an Sichtweisen ist gleichzeitig ein Armutszeugnis für die meisten anderen Medientitel.

    «Klimawandel, Trump, Verhältnis zur EU: gerne und mit Lust wedelt er da mit roten Tüchern, das nennt man Erregungsbewirtschaftung.»

    Man nennt es nicht Erregungsbewirtschaftung, bloss weil jemand bei diesen Themen zu anderen Schlüssen gekommen ist und diese äussert. Wo sind wir eigentlich, wenn es verpönt ist, eine eigene Sichtweise argumentativ kundzutun, man deswegen gleich als Flacherdler beschimpft wird, wie Köppel von Glättli in der Arena?

    Will man nicht als Verschwörungstheoretiker, Volldepp, Spalter, Isolationist, Extremist etc. beschimpft werden (weitergehende Konsequenzen hier mal ausgelassen), so gilt bezüglich gewissen Themen: Es ist die Doktrin der Mainstreammedien zu übernehmen. Vielleicht wird Köppel auch darum von vielen seiner Zunft verachtet: weil er durch eine Fakten- und Argumentbasierte «andere Sicht» eine feige und verlogene Gesinnungsclique blossstellt.

    Ich bin auch etwas enttäuscht von Ihnen, Herr Zeyer, über Ihre meines Erachtens plumpen, herablassenden Äusserungen bezüglich Donald Trump. Die Art der Angriffsfläche, die Trump zweifellos bietet, macht ihn vielleicht zu einem einfachen – billigen – Ziel. Jedoch wird rundum ignoriert, bzw. aggressiv verdrängt, dass es seine Prinzipien und Überzeugungen sind, welche seine politische Agenda geformt haben – welche ihn folglich 2016 ins Präsidentenamt gebracht hat. Spezifische menschliche Defizite waren also offenbar sekundär. Demzufolge sollte man bewerten, was Trump als Politiker bewirkt, erreicht hat.

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