Farbenlehre mit Kamala
Die USA haben eine Vizepräsidentin. Aber was für eine?
Dass Kamala Harris eine Frau ist, das ist allgemein unbestritten. Auch über ihr Alter scheint es keine Meinungsverschiedenheiten zu geben. Auch nicht über die Tatsache, dass sie an der Seite eines bald 78-jährigen Präsidenten durchaus Chancen hat, die erste Präsidentin der USA zu werden.
Das ist der einfache Teil. Aber nun schlägt natürlich die political correctness auch in Schweizer Medien Purzelbäume. Denn während es niemand für bemerkenswert hält, dass Joe Biden ein Weisser ist, beginnt bei der Hautfarbe von Harris schon der grosse Eiertanz.
Welche Hautfarbe hat sie denn nun?
Ist sie «die erste schwarze Senatorin» (Blick)? Oder ist sie schlichtweg «schwarz, Frau» (Tamedia)? Oder war sie die «erste Farbige» als Bezirksstaatsanwältin (NZZaS)? Oder als «erste Schwarze» (watson)?
Tja, schwierige Sache. Um mich rücksichtlos daran zu beteiligen: schwarz ist sie sicher nicht. Farbig auch eher weniger, ausser vielleicht im Make-up. Ich würde sagen, ihre Hautfarbe changiert so zwischen hellbraun und café au lait. Was ja auch hübsch ist. Wenn man das heute noch sagen darf. Was man aber sicher sagen darf: das ist doch eigentlich völlig egal.
Wie beschreibt man ihre Herkunft?
Mindestens so schwierig wird es auch bei ihrer Herkunft. Wenn man sich nicht vornehm auf einen «Migrationshintergrund» einigen will. Aber sonst ist auch hier der Fächer breit aufgespannt. Sie ist «Afroamerikanerin», «Afroasiatin», «halbe Inderin, halbe Jamaikanerin», oder ist sie «Indoasiatin»?
Zunächst danken wir aber «20 Minuten online»; denn es hat zwei seiner besten Recherchier-Redaktoren daran gesetzt, endlich mal klarzustellen wie man den Vornamen der neuen Vizepräsidentin richtig ausspricht. Sie liessen dafür keinen Stein auf dem anderen und fanden sogar heraus: «Schon vor Jahren hatte die künftige US-Vizepräsidentin eine kleine Kampagne bezüglich ihres Namens gestartet.»
Das nennt man der Sache auf den Grund gehen, und hier ist die definitive, korrekte Aussprache: «It’s Comma-la.» Ohä, gut, dass wir das jetzt wissen.
Schwierige Ausgangslage
Aber zurück zum Stammbaum. Ist ja auch eine blöde Ausgangslage. Die Mutter ist tamilisch-indischer Herkunft, der Vater Jamaikaner. Das macht sie nun zu einer indischen Jamaikanerin. Oder einer jamaikanischen Inderin. Wenn wir das Tamilische mal weglassen. Es könnte natürlich auch eine karibische Asiatin sein. Oder eine asiatische Karibikerin? Schwierige Sache.
Aber auch hier wäre wohl die einfachste Frage: Spielt das überhaupt eine Rolle? Sie ist in den USA geboren, also ist sie US-Bürgerin. Wie eigentlich alle Amis – ausser den Ureinwohnern – mit Migrationshintergrund.
Probleme lösen, Probleme schaffen
Es ist das Widersprüchliche an aller verbalen Korrektheit, dass sie immer Probleme schafft, um Probleme zu lösen. Solange weder die Hautfarbe noch das Geschlecht des nächsten Präsidenten der USA ein Thema ist, aber beides bei seiner Vizepräsidentin, ist irgendwas nicht in Ordnung.
Wenn allenthalben und vor allem aus weiblicher Sicht betont wird, wie symbolisch, wichtig, herausragend es sei, dass eine Frau, dazu noch Angehörige einer ethnischen Minderheit in den USA, doch tatsächlich Vizepräsidentin geworden ist, solange wird das nicht als so normal empfunden, wie es eigentlich sein sollte.
Wenn immer noch eine Farbenlehre aufgeführt wird, statt Farbenblindheit, sind wir wirklich nicht sehr weit gekommen.
Diese Fixierung auf die Hautfarbe ist ärgerlich, aber typisch für den weltoffenen, (schein)toleranten Mainstream. Man könnte gar auf die Vermutung kommen, die Politikerin hätte ihre Karriere äusseren Merkmalen zu verdanken …
Wie recht sie haben. Die Mainstream-Journis sind alles verkappte Rassisten und Hofnarren der BLM-Bewegung!