Merkwürdige «Medienwoche»
Auch eine Art Erregungsbewirtschaftung, diesmal mit Jacqueline Badran.
In der medialisierten Gesellschaft und Politik muss man ein Image besetzen, wenn man zu regelmässigen Auftritten kommen will.
Bei der SP-Nationalrätin Badran ist das die Fähigkeit, von 0 auf 100 in einer Sekunde hochzufahren und kernige Aussagen in breitem Züridütsch zu machen. Damit hat sie sich einen Stammplatz im «Sonntalk» erobert.
Im Verlauf der illegalen Besetzung des Bundeshausplatzes durch Klima-Aktivisten geriet der leicht antagonistische Widerspruch – Nationalrätin mit einer gewissen Würde des Amtes versus engagierte und kernige Saftwurzel – etwas auf Kollisionskurs.
Badran machte genau das, was sie kritisiert
Es gehört zu den Absurditäten unserer Mediokratie, dass Baldran genau das machte, was sie vehement kritisierte. Sie kritisierte, dass sich die Medien auf einen absichtlich herbeigeführten Eclat des SVP-Provokateurs Andreas Glarner stürzten. Dabei habe sie noch extra Distanz zu Glarner gesucht, «weil ich ihm keine mediale Plattform bieten wollte, auf die er es immer anlegt».
Aber das schaffte Glarner dann auch ohne Badran, indem er – angeblich unabsichtlich – den Namen einer Nationalrätin mit Migrationshintergrund verhunzte. Badran will dann gesehen haben, so gibt sie der «Medienwoche» zu Protokoll, dass sich die Medien darauf stürzten – statt sich um die berechtigten Anliegen der Klima-Retter zu kümmern.
Das habe sie auf 100 katapultiert, weil sie sich für diese Anliegen auch schon seit 40 Jahren einsetze, und dann habe ihr ein Journalist des «Echo der Zeit» die blöde Frage gestellt: «Frau Badran, was halten sie davon, was zwischen Glarner und Arslan passiert?» Sie habe ihm geantwortet, dass sie mit «Euch» gerade nicht spreche, und als er nach dem Grund gefragt habe, sei dann ihre Antwort gekommen, mit der Badran mindestens so viel Aufsehen erregte wie Glarner: «Weil ihr die falschen Fragen stellt, weil ihr die Kameras auf die falschen Orte richten. Ihr müsst die Jugendlichen filmen und nicht Huere Fucking Glarner, who cares.»
Unpässlich, unautorisiert, unverantwortlich
Sie sei offensichtlich gar nicht in der Verfassung gewesen, ein Statement abzugeben, jammert Badran, indem dann das «Echo der Zeit» den Einleitungssatz «Mit Euch rede ich nicht» rausgeschnitten habe, sei das Zitat zudem aus dem Zusammenhang gerissen worden und auch unautorisiert. Und überhaupt, verallgemeinert Badran:
«Die Medien merken nicht, was sie mit so einer unautorisierten Berichterstattung alles anrichten können. Für sie ist es eine Aufreger-Geschichte mehr. Für mich ist es mein Leben.»
Soweit die Empörung, die Badran der «Medienwoche» ungefiltert und ohne eine kritische Frage gestellt zu bekommen, loswerden durfte. Und ohne dass es das «Magazin für Medien, Journalismus, Kommunikation & Marketing» für nötig gehalten hätte, den zweiten an der Szene Beteiligten, den Redaktor von «Echo der Zeit», dessen Name der Interviewerin offenbar geläufig war, um seine Version zu bitten.
Macht man normalerweise im Journalismus, aber was hat so ein Gefälligkeitsinterview schon mit Journalismus zu tun. Nun gibt es, das liegt in der Natur der Sache, hier ein kleines Problem für Badran. Denn die Version des Journalisten weicht nicht nur deutlich von ihrer ab. Sondern er kann’s auch noch beweisen, weil er nicht einfach mit einem SRF-Mikrophon als Attrappe rumfuchtelte, sondern das Gespräch natürlich aufnahm.
Ein Radioreporter zeichnet überraschenderweise auf
Sowohl Badran wie ihre Interviewerin wären gut beraten gewesen, sich diesen Mitschnitt zuerst mal anzuhören. Dann wäre vor allem Badran die Peinlichkeit erspart worden, dass sie nicht nur ziemlich Kritik wegen ihrer nicht gerade eleganten Wortwahl einstecken musste, sondern nun auch noch mit ihrem Rechtfertigungsversuch auf die Nase fällt.
Denn wie jeder nachhören kann, mischte sich der Redaktor in ein angeregtes und lautstarkes Gespräch ein, in dem er das Wort «Medienversagen» gehört hatte. Also wollte er wissen, was damit gemeint sei und fragte als Einleitung höflich:
OW: «Darf ich kurz stören?»
JB: «Oh nein.»
OW: «Doch. (Gelächter im Hintergrund) Was ist das Medienversagen?»
JB: «Oh nein, ihr geht mir jetzt gerade schaurig auf den Sack.»
OW: «Ah ja?»
JB: «JA.»
OW: Warum?»
JB: «Weil ihr die falschen Sachen filmt, und die falschen Fragen stellt.»
OW: «Ich filme nichts.»
JB: «Ja, weil ihr vorher den huere fucking Glarner who cares gefilmt habt, statt die Forderungen der Jugendlichen. Und weil ihr irgendwie eine Empörungsgeschichte darüber macht, ob man jetzt den huere Bundeshausplatz besetzen darf. Anstatt einmal sich zu empören, dass man den huere Planet zerstört, und seit fucking 40 Jahren nichts passiert.»
Keine Frage zu dem Zwischenfall mit Glarner, von dem der Journalist nach eigenen Aussagen zu diesem Zeitpunkt noch gar nichts mitbekommen hatte. Aus dem Zusammenhang gerissen wurde hier auch nichts, ganz im Gegenteil wurden diverse weitere «huere fucking» ausgelassen. Das alles führt der Journalist in seiner Replik an.
Und zur Behauptung, das sei ein unautorisiertes Zitat gewesen, weist der Radiomann völlig zu Recht darauf hin, dass an einem öffentlichen Ort eine öffentliche Person wie eine Nationalrätin zu befragen, zudem schon mit dem Mikrophon eindeutig als Journalist erkennbar, überhaupt nichts mit «unautorisiert» oder gar «erschlichen» zu tun habe.
Besser schützen oder recherchieren
Aber hätte man da Baldran nicht vor sich selber schützen müssen, wie sie klagt? Auch darauf gibt es eine glasklare Antwort: «Die «Huere-Fucking»-Aussage war eine relevante öffentliche Aussage, einer öffentlichen Person in einem öffentlichen, politischen Kontext. Aus diesen Gründen entschieden wir uns, die Aussage zu veröffentlichen.»
Fazit: Die Rüpelei von Glarner ist schon verraucht. Aber indem sich Badran in einem nur mit wohlwollenden Fragen geführten Interview nachträglich rechtfertigen will, das auch mit eine Fülle von Anschuldigungen gegen das «Echo der Zeit» garniert, hat sie dafür gesorgt, dass sich der Journalist zu einer Richtigstellung veranlasst sah.
Die Beteiligten, Badran und die «Medienwoche», hätten sich diese weitere Peinlichkeit ersparen können. Denn jetzt steht Badran nicht nur als manchmal ausrastende Politikerin da, sondern auch noch als jemand, der es bei der Rechtfertigung im Nachhinein mit der Wahrheit nicht wirklich genau nimmt.
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