Kindisch-arrogante Dialogverweigerung

Reden wir mal drüber? Nicht mit der Klimajugend.

Es war schon immer das Privileg von Autokraten und Diktatoren, von vermeintlich unangreifbaren Autoritäten, die Debatte zu verweigern.

Das chinesische Regime will keinen Dialog mit Dissidenten. Der weissrussische Autokrat Lukaschenko will keinen Dialog mit den Demonstranten gegen seine manipulierte Wiederwahl.

Damit soll die andere Seite nicht aufgewertet, nicht anerkannt, ihr Legitimität abgesprochen werden. Denn Regimes und Autokraten haben Angst vor dem freien Wort, vor der Debatte.

Alle Heilslehren, Religionen, hermetisch geschlossene Ideologien haben Angst vor der Debatte. Im Islam ist das bis heute unmöglich; die christliche Kirche musste dazu gezwungen werden, auf Zweifel und Gegenargumente nicht mit der Inquisition zu reagieren.

Nur im offenen Widerstreit der Argumente ist Erkenntnisgewinn möglich

Natürlich ist die Freiheit der Debatte nicht grenzenlos; sie braucht Regeln, die Teilnehmer müssen geschützt sein. Aber es gehört zu den fundamentalen Vorteilen unserer zivilisierten Gesellschaftsform, auf dieser kleinen Insel des offenen Streitens, dass Konsens herrscht: nur im Widerstreit der Meinungen ist Erkenntnisgewinn möglich.

In hermetisch geschlossenen Systemen, in Autokratien, in absolutistischen Regimes wird dekretiert, worüber debattiert werden darf – und worüber nicht. In fundamentalistischen Glaubensgebäuden gilt Zweifel als blasphemisch, der sogar mit dem Tod bestraft werden muss.

Offenes Streiten über alles ist nur in einigen Staaten Europas, in den USA, in wenigen Staaten Asiens, nirgendwo in Afrika oder Lateinamerika möglich. In zu vielen Ländern der Erde riskiert der Vertreter einer unliebsamen Meinung, dass er zensiert, boykottiert, bedrängt wird. Schlimmer noch, dass er bedroht wird, Nachteile in Kauf nehmen muss. Vielleicht sogar sein Leben verliert.

Kleine Inseln der Glückseligen im Meer der Intoleranz

Wir leben hier in der Schweiz auf einer der wenigen Inseln der Glückseligen, wo im Rahmen des Anstands und der Gesetze ein offener Meinungsstreit nicht nur möglich ist, sondern auch eine lange Tradition hat. In jeder Form.

Eine dieser Formen ist das Streitgespräch in der Öffentlichkeit. Auf Podien, in Sälen oder vor Mikrophonen und Kameras. Die einzige Sendung des Schweizer Fernsehens, die eine solche Streitkultur pflegen will, ist die «Arena».

Man kann, was dort stattfindet, als Schaukampf kritisieren, bemängeln, dass es nur rhetorische Spiegelfechterei sei, dass man sich nicht zuhöre, sondern jeder Teilnehmer nur möglichst viel Redezeit für sich erobern will. Auch diese Meinungen kann man frei äussern.

Wir sprechen gerne mit allen, nur mit dem nicht

Nun überrascht das «Kommunikationsteam des #RiseUpForChange» damit, dass es «sehr gerne auch mit Menschen spricht, welche unterschiedliche Ansichten haben». Allerdings bestimmt es selbstherrlich, mit wem es nicht spricht. Denn die Redaktion der «Arena» bestehe doch tatsächlich «auf der Einladung Roger Köppels».

Eine Unverschämtheit für das «Kommunikationsteam», denn «Roger Köppel und seine Zeitung hetzen seit Beginn der Klimastreiks massivst gegen Klimastreikende». Daher habe man «einstimmig beschlossen, die Einladung zur SRF Arena nicht anzunehmen».

Genauer gesagt: Die Teilnahme zurückzuziehen, nachdem man offensichtlich mit dem Erpressungsversuch scheiterte, nur aufzutreten, wenn Köppel nicht dabei ist. Das ist so unverfroren und unerhört, dass man es kurz abschmecken muss.

Wenn die Massstäbe völlig verrutschen

Die gleichen Vertreter einer Bewegung, die die Toleranz der Gesellschaft aufs «massivste» strapazierten, indem sie ein Lager auf dem Bundesplatz vor dem Schweizer Parlament aufschlugen, das trotz klarem Gesetzesverstoss von der Berner Regierung toleriert wurde, wollen die Teilnahme eines missliebigen Kontrahenten in einer Debatte nicht tolerieren.

Dabei haben sie sich offensichtlich verschätzt und überhoben, indem sie meinten, mit ihrer Drohung, der Debatte fernzubleiben, könnten sie Köppel ausladen, obwohl ihnen weder seine Einladung noch seine Ausladung zusteht.

Die Begründung fürs Schmollen ist aberwitzig: Köppel leugne oder relativiere die Existenz des menschengemachten Klimawandels. «Dieser ist wissenschaftlicher Konsens und kann nicht zur Debatte stehen.»

Die Klimajugend will bestimmen, was debattiert werden darf

Das erinnert an die absolute Arroganz der Kirche, die Galileo Galilei mit dem Zeigen der Folterinstrumente klar machte, dass die Erde eine Scheibe sei und unverrückbar im Zentrum des Universums stünde. Das sei wissenschaftlicher Konsens und könne natürlich nicht zur Debatte stehen.

Nun hat Köppel vielleicht nicht das Format eines Galileis. Aber ein paar erregte Jugendliche haben noch viel weniger das Format oder die Autorität, darüber zu entscheiden, was zur Debatte stehen darf und was nicht.

Man könnte nun Milde walten lassen und verständnisvoll darüber hinwegsehen, dass ein paar Idioten in jugendlichem Ungestüm noch keine Ahnung haben, was Meinungsfreiheit und Toleranz bedeuten. Unheimlich wird es aber, wenn ein Krisenkommunikationsberater wie Mark Balsiger Wind in eigener Sache macht, indem er per unverlangter Ferndiagnose schon vor der Debatte weiss, dass Köppels «Teilnahme in der Sendung nichts» bringe.

Ein Krisenkommunikator als Krise in eigener Sache

Wer solchen Unsinn verzapft, ist selber die Krise, die er kommunikativ zu bewältigen verspricht. Es mag durchaus zweifelhaft, gar falsch sein, unsinnig, unwissenschaftlich, hanebüchen, was Roger Köppel oder andere Autoren der «Weltwoche» über Klimaveränderung sagen.

Aber selbst wenn das so ist: Das ist ein laues Lüftchen im Vergleich zu dieser arroganten Borniertheit, in einer Debatte bestimmen zu wollen, wer mit welchen Meinungen daran teilnehmen darf – und wer nicht.

Selbstverständlich findet die «Arena» unter Teilnahme von Roger Köppel statt, und das ist gut so. Die Klimajugend hat sich hingegen als ein dummer Haufen von trotzenden Rotznasen entlarvt. Erstaunlich höchstens, dass diese «Kollektiv» auch für Greenpeace spricht. Dieser Organisation konnte man bislang eine gewisse Vernunft nicht absprechen.

Aber hier ballt sich eine üble Mischung aus geschichtsvergessener Dummheit, Borniertheit und Rechthaberei zusammen. Von Menschen, die vergessen haben – oder nie wussten –, wie kostbar das Gut der freien Debatte ist, und mit wie vielen Opfern es erkämpft werden musste.

Deshalb dürfen nur weit gefasste Gesetze, so wie in der Schweiz, die freie Meinungsäusserung beschneiden. Niemals selbsternannte «Kommunikationsteams» von Kommunikationsverweigerern.

5 Kommentare
  1. Alois Fischer
    Alois Fischer sagte:

    Ein Lehrstück zum Thema «Cancel culture» oder weniger angeberisch: Absagekultur.
    Was sich in dieser Hinsicht wie ein Krebsgeschwür in die angelsächsiche Welt eingeschlichen hat, wiederspricht so voll und ganz der Aufklärung, dem Liberalismus, der Dialektik, dem politischen Diskurs und vor allem: dem Anstand.
    Tönt altbacken und erinnert an Grosseltern von Alt-68ern; seis drum, es wird damit nicht weniger wahr.
    Geschaffen als Mittel gegen echte und vor allem angebliche Faschisten, Rassisten, Verschwörungstheoretiker, Terroristen; Diktatoren, Potentaten, Undemokraten … entwickelt sich diese Absage- und Auslade-Unsitte zum Rohrkrepierer für anscheinend taubstumme Besserwisser.
    Eigentlich kein Grund zur Besorgnis, zumindest so lange wir uns bewusst sind, dass diese perfide Masche weder an eine Uni, in ein Parlament und erst recht nicht in unsere Gesellschaft gehört.
    So lächerlich sich die angehenden Klima-Kommunisten, -Kinder (Säuglinge?) und -Terroristen damit gemacht haben, ja sogar deren Unterstützer, die es eigentlich besser wissen könnten und sollten, werden Sie unverdrossen weiter machen mit diesen fschistischen Spielchen und es besteht wenig Hoffnung, dass die liebäugelnden Politiker und eine Mehrheit der Medien sie daran hindert, sondern noch anfeuert (wohl im eigenen Interesse), um irgendwann sich wehklagend davon distanzieren zu können.
    Der Rest ist das inzwischen bis zum Überdruss gestöhnte: Hinterher ist man immer schläuer …!»
    Ich wäre froh, wenn man diejenigen, die vorher schon schläuer waren, weniger ausladen, verunglimpfen und diskriminieren würde. Da wäre echte Solidarität, klares Farbe bekennen und mehr Zivilcourage mehr gefragt – Applaus vom Balkon reicht da nicht, weil es nicht um ein gutes Gefühl für den eigenen Bauch, sondern ums Überleben einer Demokratie geht, die diese Bezeichnung auch verdient.

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  2. Ueli Signer
    Ueli Signer sagte:

    Herr Zeyer, es muss auszuhalten sein, dass eine Gruppe junger Menschen, die Ihre Anliegen mit legalen und illegalen Aktionen bekannt machen, sagen, mit dem reden wir nicht. Das hat sich R. Köppel redlich verdient mit seiner Art in TV-Talks aufzutreten. Und Schuld an Ihrem Schaum vor dem Mund sind auch bernische Behörden, die offensichtlich kein zürcherisches Tempo vorlegten und ihrer Pflicht nachkamen. Und zudem über was genau wollte das SRF in der Arena eigentlich reden? Zum xten mal das CO2- Gesetz durchgehen? Den heutigen News entnehme ich u.a. Köppels-SVP plane das Referendum gegen die beschlossenen Verschärfungen. Und noch einmal soll sich eine Vertreterin von #RiseUpForChange von einem zugegebenermassen hervorragenden Talker Köppel vorführen lassen?
    Ich glaube einfach nicht, dass, wie sie schreiben, die «Klimajugend» bestimmen will über was debattiert werden soll. Denke, sie will einfach vorwärts machen. Dass vorwärts gemacht wird, und das ist wahrscheinlich das Hauptproblem der SVP: Vorwärts.
    Vor 50 Jahren kamen die ersten Warnungen der Wissenschaftler (Club of Rome). Auch die Wissenschafttler haben doch in all den Jahren diskutiert und gestritten. Und dass das nun in der Politik mit Medien-Unterstützung nochmals, und nochmals und nochmals …. wiederholt wird ist nicht akzeptabel. Und darum ist eigentlich auch Ihr Tastatur-Ausrutscher, Herr Zeyer, genau so wenig zu akzeptieren. Es kann nicht mehr sein, dass die formalen Sachen im Mittelpunkt stehen, es geht nur noch um Inhalte. Das muss auszuhalten sein, nachdem die Mehrheit unserer Generation (bin etwa im gleichen Alter) dermassen lange in Sachen Umweltschutz weggeschaut hat.

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    • Karli Marxli
      Karli Marxli sagte:

      Aha, jetzt gehts dem Ueli S. um Umweltschutz, nicht mehr um Klima und CO2 wie bei den Klimahysterikern. Dabei waren Luft, Wasser und andere Lebensmittel hierzulande noch nie so sauber wie heute. Sollte er eigentlich wissen. Auch ich bin im fortgeschrittenen Alter (immer noch voll berufstätig), aber die Anbiederung meiner Altersgenossen («Senioren fürs Klima», wohl ein paar ehemalige PdA-Kämpen) an die Wohlstands-Klimakids empfinde ich als hochnotpeinlich. Sich mit 18-Jährigen zu solidarisieren, die dank der Kohle ihrer Eltern aus dem oberen Mittelstand schon mindestens die halbe Welt bereist haben, noch nie auch nur eine Schneeschaufel in den Händen gehalten haben, sich 24h/24 in ihrer Mittelschul- und Social-Media-Blase aufhalten. Keine/r von denen macht eine Lehre, und an der ETH hat man keine Zeit für tagelanges Herumhängen. Dafür mangelt es ihnen nicht an Arroganz, den Berufstätigen und Steuerzahlern vorzuschreiben, wie sie zu leben hätten, und dass (angeblich) CO2-neutrale Windräder und Sonnenfänger aus China die Zukunft seien. So einfach ist die Welt von Greenpeace und Extinction-Rebellen, den Einflüsterern der Mittelschüler: Auf den CO2-Knopf drücken, und Schluss ist mit Klimaveränderung. Gehört wohl zum Gymi-Lehrstoff heutzutage.
      Herr Zeyer hat Recht, Ueli S. versteht den Unterschied zwischen Wissenschaft und Wahrheit nicht. Buchtipp: Karl Popper.

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      • Ueli Signer
        Ueli Signer sagte:

        Aber, aber, Karli, natürlich halte ich das aus, wie Sie sich die Gelegenheit zu nutze machen und zu einem Rundumschlag, auf meinen Schultern sitzend, ausholen.
        Wenn Sie meinen Kommentar zu Herrn Zeyer’s Abrechnung genau gelesen haben finden Sie EINEN Satz der Bezug nimmt auf die Demonstranten vom Bundeshausplatz: «Sie wollen vorwärts machen». Und damit verrate ich Ihnen absolut nichts über meine Gedanken zu Klima, Luft, Wasser, SBB, YB, Skifahren, Reisen usw. Und schon gar nicht ob ich mich anbiedere und Verständnis habe.
        Wiederhole mich gerne und schreibe langsam damit auch Sie es eventuell in nächster Zeit begreifen: Die Entscheide, die JETZT unbestritten anstehen, werden von unserer Generation getroffen. Und mit diesem Wissen von der «Klimajugend» (viele noch nicht 18) eine Weg über Initiativen usw. zu verlangen ist reinster Zynismus. D.h mit Schaum vor dem Mund solches zu verlangen (Zeyer) und anonym Vorurteile über einen Teil der Jugendlichen zu verbreiten bringt der Sache nichts. Es geht nicht um Wahrheiten, Marxli, es geht um Inhalte. Und im Fall, auch mit dieser Replik wird es Ihnen nicht möglich mich sein, mich Politisch zu verorten, ausser Sie greifen nochmals zu faktenfreier Interpretation meiner Antwort.

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        • Alois Fischer
          Alois Fischer sagte:

          Lieber Herr Signer
          Ich will Sie nicht irgendwo verorten oder Ferndiagnosen erstellen, das überlasse ich den Spezialisten, die hinterher angeblich immer schläuer sind und die das keine tolle Leistung der Vorherschlauen finden. (BAG, Grüne und Linke und vor allem den Medien).
          Konkret: «Und mit diesem Wissen von der „Klimajugend“ (viele noch nicht 18) eine Weg über Initiativen usw. zu verlangen ist reinster Zynismus.» Zitat Signer
          Da bin ich gar nicht einverstanden! Denn wenn dem so sein sollte, wie Sie es behaupten, wäre das ja der Beweis, dass man den Jugendlichen nie und nimmer in der Schweiz ein Stimmrecht geben darf. Denn genau dies wäre ja die Voraussetzung dafür.
          Wenn Sie ebenfalls wie ich dagegen sind, dass man unmündige Personen über Dinge abstimmen lässt, für die sie keine Verantwortung tragen können und auch nicht wollen (?), dann sind wir uns ja einig. Und das ist mehr, als sich die Klimakommunisten im Kindergewand von uns verlangen können.

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