Es ist nie an der Zeit für persönliche Rachefeldzüge

Und schon gibt’s Zoff bei ZACKBUM.CH.  Jenny Furer kritisiert René Zeyer ganz schön hart.

Als Zackbum gestartet ist, habe ich mich gefreut. Ehrlich und aufrichtig. Ein Online-Medium, hinter dem keine Geldgeber stecken und das unverblümt die Schweizer Medienbranche ins Fadenkreuz nimmt. So etwas braucht die Schweiz. Schliesslich sollen Verlegerinnen und Verleger sowie Journalistinnen und Journalisten nicht schalten und walten, wie sie wollen.

Als meinungsbildende und demokratierelevante Institutionen gehören sie konstruktiver Kritik ausgesetzt. Wo wir beim Punkt wären. Konstruktiv bedeutet eben nicht, dass persönliche Empfindungen und Sympathien die Basis bilden, um zu Frontalangriffen auszuholen. Womit wir bei unserem Autor René Zeyer sind.

René Zeyer ist zweifelsohne ein begnadeter Schreiberling mit langjähriger Erfahrung in der Medienbranche. Seine Talente lässt er aber missen, wenn er alleine bis Anfang September zehn Mal gegen Pascal Hollenstein, Leiter Publizistik bei «CH Media», ausholt oder wieder einmal im Stil einer persönlichen Abrechnung gegen Andreas Tobler von Tamedia oder Simone Meier von «Watson» wettert. Oder die «Weltwoche», in der er selber schreibt, unkritisch bejubelt.

Es geht in keinster Weise darum, dass Zeyer sich nicht das Recht herausnehmen darf und soll, seine Ansichten zu verbreiten. Meinungen beleben die Debatte. Aber wie heisst es so schön: der Ton macht die Musik. Und in Zeyers Fall eben auch die richtige Dosis.

Wer so häufig auf die gleichen Zielscheiben schiesst, verliert seine Glaubwürdigkeit. Durchaus berechtigte Kritik kann so schnell einmal dem Gefühl weichen, es handle sich um einen persönlichen Rachefeldzug alleine aufgrund nicht vorhandener Sympathien.

Kritik an Journalistinnen und Journalisten verliert so an Glaubwürdigkeit. Sie wird nicht mehr als wichtiges Instrument zur Überwachung der vierten Gewalt angesehen, sondern als Streiterei und Stichelei unter der schreibenden Zunft.

Glaubwürdig ist, wer konstruktiv austeilt – und zwar dort, wo ausgeteilt werden muss und dann, wenn ein Schlag in die Magengrube des Kontrahenten angezeigt ist. Es ist nur fair, um bei der Metapher des Boxkampfes zu bleiben, wenn nicht nur und durchgehend auf den gleichen Gegner eingehämmert wird. Das verstösst nicht nur gegen die Regeln, sondern disqualifiziert den Austeilenden beim Publikum selbst. Er ist es dann, der als unkontrollierbarer Aggressor wahrgenommen wird.

Ein konstruktiver Kritiker darf durchaus seine politische Gesinnung zum Ausdruck bringen, muss es aber nicht und vor allem nicht permanent. Wer nämlich letzteres tut, läuft Gefahr, jegliche Kritik auf Basis politischer Sympathien vorzunehmen. Das raubt dem berechtigten Anliegen seine Legitimation.

Natürlich könnte man mir vorwerfen, dass es auch von mir unfair ist, mit meiner Kritik auf René Zeyer zu spielen. Doch das Versprechen von ZACKBUM.ch ist es schliesslich, «hart auszuteilen und problemlos einzustecken». Dass dieser Text auf dieser Plattform erscheinen darf, beweist immerhin: Die Macher rund um Zeyer haben auch Nehmerqualitäten.

Jenny Furer schreibt unregelmässig für ZACKBUM.CH. Die 25-Jährige arbeitet seit März 2020 als Reporterin beim News-Team von «Bluewin». Sie ist als Berichterstatterin an den Zürcher Gerichten, am Bundesstrafgericht, am Bundesgerichten, sowie an den Gerichten Luzern, Bern, Thurgau und St. Gallen akkreditiert. Vor Bluewin arbeitete sie unter anderem bei «20 Minuten» und den Zürcher Oberländer Medien.

Packungsbeilage: Die ZACKBUM-Redaktion hat diesen Meinungstext eine Weinflasche lang diskutiert. Und im Sinne von «Wer austeilt, muss auch einstecken»,  einstimmig freigegeben. René Zeyer zeigt damit eine seiner weiteren Stärken – nämlich Gelassenheit. Trotzdem und nach Richtlinie 3.8 des Journalistenkodex (Anhörung bei schweren Vorwürfen) hier die (verkürzte) Stellungname des Kritisierten. René Zeyer legt Wert darauf, dass er Hollenstein bisher lediglich 7 mal erwähnt habe. «Jeweils begründet durch ein klar argumentiertes Fehlverhalten».  Und dass an der Abrechnung mit Andreas Tobler etwas persönlich sein soll, stellt Zeyer ebenfalls in Frage. «Stimmt ein einziger meiner Vorwürfe nicht? Hatte er keine Gelegenheit, etwas darauf zu erwidern?», so Zeyer. Und wenn Simone Meier schreibe, Hitler hätte die Juden gecancelt? Das ist für Zeyer definitiv keine persönliche Abrechnung, sie aufs schärfste dafür zu kritisieren.  Und schliesslich «Weltwoche» unkritisch bejubelt. «Das ist reiner Schwachsinn, in meiner dreiteiligen Serie über die Berichterstatttung zum Skandal an der Herzklinik Zürich habe ich Christoph Mörgeli (und mit ihm die WeWo) kräftig abgewatscht. Und wenn das Blatt in diesen Zeiten einen 12-seitigen Kulturteil unter fachkundiger Leitung aus dem Boden stampft, dann verdient das höchstes Lob.»  Ende der Durchsage.

3 Kommentare
  1. Simon Ronner
    Simon Ronner sagte:

    Wer mit dem «Mei-Mei!»-Spruch «der Ton macht die Musik» kommt, dem passt die Kritik als solches nicht. Bei Frau Furers indifferenzierter Sicht zu Herr Zeyers Haltung gegenüber der «Weltwoche» stolpert sie über ihre Widersprüchlichkeit, offenbart damit ihre Präferenzen – und damit wohl auch den wahren Grund, warum sie die Beiträge von Herr Zeyer so ganz und gar nicht mag.

    Ihre Art wirkt auf mich durchgängig gouvernantenhaft. Dazu packt sie einige sehr forsche und verallgemeinernde, absolutistische Statements in ihren Beitrag, welche, an ihren Massstäben und ihrer Grundhaltung gemessen, einer sensiblen Reflektion nicht standhalten dürften.

    Herr Zeyers Art des Kritisierens würde ich beschreiben als direkt, teils schneidend, dazu mit einer gehörigen Portion humorigem Sarkasmus versetzt. Der für seine Kritiker wohl unerträglichste Kern bei seinen Beiträgen ist jedoch Herr Zeyers offensichtlicher Fokus auf Recherche und die dadurch wasserdichte Fundiertheit. Doch wer sich Mühe macht, der kann sich auch mit gutem Gewissen aus dem Fenster lehnen.

    Demgegenüber findet man Harmoniesucht, Relativismus, Denkfaulheit, Einseitigkeit, Voreingenommenheit, Feigheit, Bigotterie, Perfiderie und Doppelmoral zu genüge in unseren Medien. Wer sich die Mühe macht, Kritik an diesen Zuständen in Frage zu stellen oder zu kritisieren, ist für mich suspekt.

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  2. Else Thurre
    Else Thurre sagte:

    Grossartige Worte von Frau Furer. Ich kann jede ihrer Zeilen unterschreiben. Stark, dass das veröffentlicht wurde. Überflüssig hingegen ist die Stellungnahme. Man sollte Kritik einfach annehmen.

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  3. Alois Fischer
    Alois Fischer sagte:

    Scheisskorrekturmaschine
    Also bitte nochmals:

    Auch hier gelten die Gesetze des Marktes: Es wird etwas angeboten – gratis oder bezahlt – und vielleicht macht jemand Gebrauch davon oder er und viele andere wünschen sich etwas, das sich dann allerdings auf dem Markt als Ladenhüter entpuppt. In jedem Fall ein Risiko, das alle Marktteilnehmer eingehen, auf eigene Verantwortung selbstverständlich.
    Wozu also die Medienschelte zur Medienschelte? Meinungsfreihet, die gelebt werden kann? Moralpredigt eines Anstandswauwaus? Besserwisserisches zur Idee, die man auch gerne gehabt hätte? Und so weiter und so fort.
    Ich freue mich, dass es zackbum.ch gibt, dass ich mich darüber aufregen oder mehrheitlich freuen darf, dass ich lesen kann, was viele nicht mögen, können oder wollen und dass es Leute gibt, die das einfach so wagen und umsetzen.
    Wie lange noch, das werden wir selber erleben (wenn wir wollen) und kontrovers und angriffig ist eben nicht die journalistische Wohlfühloase der geschützten Werkstätte. Der freie Markt eben …

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