«Es ist frappant, wie viele Leute Sie nicht mögen»
Lukas Hässig ist der einsame Wolf. Der Kämpfer für Gerechtigkeit. Der Journalist, der «die Mächtigen unter die Lupe nehmen will». Was treibt den 56-Jährigen an? Wie geht er mit Kritik an seiner Person um?
Weisses, eng geschnittenes Hemd, rote Krawatte. So will Lukas Hässig im Turmgespräch bestehen. Wobei. Hässig hat wohl schon härtere Fights gewonnen. Er gilt als einer der wenigen Journalisten, welche die grossen Namen der Wirtschaft zu kritisieren wagen. So gezielt, dass der eine oder andere vom Sockel fällt. Etwa Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vinzenz, Ex-Nationalbank-Präsident Philipp Hildebrand und Ex-Novartis-CEO und Verwaltungsratspräsident Daniel Vasella.
Zwischen Respekt und Neid
Gab es vor 15, 20 Jahren noch breitere Vorbehalte gegen den Recherchierstil des Wirtschaftsjournalisten Lukas Hässig, herrscht heute Respekt vor. Hinter vorgehaltener Hand vielleicht sogar ein bisschen Neid über seinen Mut, seine Unerschrockenheit und seine Unabhängigkeit. Trotzdem oder deswegen heimste Hässig in den letzten Jahren alle renommierten Preise für Journalisten ein – zumindest in der Schweiz. Journalist des Jahres, Rechercheur des Jahres, Wirtschaftsjournalist des Jahres, Wirtschaftsbuchpreis. Doch das hatte seinen Preis. Hässig bekennt gegenüber dem Interviewer David Guggenbühl: «Ich wurde immer unbeliebter auf den Redaktionen. Ich wollte Sachen herausfinden und deftig bringen.» So gründete er 2006 das Onlineportal «Inside Paradeplatz».
Ausbildung bei der Nationalbank
Journalistisch geprägt wurde der KV-Absolvent bei der Schweizerischen Nationalbank mit nachfolgendem Ökonomie-Diplom in den 1990er-Jahren. Von Roger Schawinski beim damals recht aufmüpfigen Radio 24 und bei der «Sonntags-Zeitung» (SZ). Damals brachte die SZ laut Hässig jedes Wochenende eine Story, die oft ein Erdbeben auslöste. Doch Hässig eckte mit seinem Credo «Unser Ziel muss sein, etwas zu verändern» immer mehr an. Ein Abstecher in die Welt der Kommunikationsleiter (Flughafen Zürich) war auch nicht das Gelbe vom Ei. Seit 14 Jahren ist der vierfache Familienvater als freischaffender Journalist und Betreiber der Finanzwebsite «Inside Paradeplatz» tätig. Er beschreibt sich als feinfühlig und dann richtig glücklich, wenn er als Erster eine Topstory publiziert. Mittlerweile wird das Portal auch von Whistleblowern genutzt. «Wichtig ist dabei das Vertrauen der Informanten zu mir», betont Hässig. Es dürfe nicht sein, dass Informanten, die ein Risiko eingehen, öffentlich fertiggemacht werden. Doch wie unabhängig ist denn «Inside Paradeplatz»? Erfrischend offen räumt Hässig ein, dass er den Vermögensverwalter, der ihm seit der Gründung als Inserent treu geblieben sei, redaktionell eher in Ruhe lasse.
«Primeurs inklusive»
Das 35-minütige Gespräch anzuschauen, lohnt sich. Man lernt Hässig näher kennen und versteht eher, was ihn antreibt, jeden Tag punkt acht Uhr für Unruhe im Finanzsektor zu sorgen. Dann schaltet er jeweils die Hauptstory auf. Dass er deswegen wenige Freunde hat im beruflichen Umfeld, scheint er in Kauf zu nehmen. Trotzdem gelingt es Guggenbühl, dass Hässig Dinge sagt, die man journalistisch durchaus als «Primeur» bezeichnen könnte.
www.turmgespraeche.ch (das eigentliche Interview ab ca. Minute 5, Es dauert gut 35 Minuten. Initiiert, organisiert und moderiert werden die Gespräche von David Guggenbühl. Dieser Artikel erschien kürzlich schon in den Zeitungen der Lokalinfo AG.
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