CNN out of money Switzerland?

Showdown am Sonntag. Wer überlebt und wie?

Es war eine gewagte Wette, die der Unternehmer Christophe Rasch einging. Er besorgte sich die Lizenz für CNN Money Switzerland und startete Anfang 2018 mit dem Sender.

In Zürich klotzte er ein hochmodernes TV-Studio hin und baute in Windeseile eine hochmotivierte Mannschaft auf. Er holte sich Urs Gredig vom Schweizer Fernsehen als Chefredaktor; dazu Martina Fuchs, die zuvor als Schweizer Redaktorin beim chinesischen Staatsfernsehen Furore gemacht hatte.

Um Andreas Schaffner, einen erfahrenen Wirtschaftsjournalisten, entstand ein sendungsbewusstes Team, das eine fröhliche Aufbruchsstimmung verbreitete. Rasch reagierte aber schon damals eher unwirsch auf Fragen, wie sich denn ein englischsprachiger Wirtschaftssender aus Zürich überhaupt sein Publikum erobern könnte.

Rasch neigt nicht zu Selbstzweifeln

Englisch sei halt die weltweite Business-Sprache, man solle nicht auf Einschaltquoten fixiert sein, sein Businessmodell rechne sich durchaus, fetzte er auf entsprechende Fragen in der Startphase zurück.

Kaum mehr als 3000 Zuschauer am Tag, also eigentlich im nicht mehr messbaren Bereich. Das war das Zwischenresultat nach einem Jahr, und besser wurde es auch nicht. Aber kein Grund für Rasch, selbstkritisch zu werden. Schliesslich verkaufe Ferrari auch nur etwas mehr als 2000 Autos pro Jahr, und das sei doch auch ein erfolgreiches Unternehmen.

Eine erste Absetzbewegung

Nach zwei Jahren setzte sich dann Martina Fuchs ab, auch Urs Gredig schlüpfte wieder unter die Fittiche von SRF, wo er an einem Abend mehr Zuschauer begrüssen kann als bei CNN Money Switzerland in vier Monaten.

Aber unverdrossen holte sich Rasch Ersatz; diesmal in der Person von Patrizia Laeri, die nach vielen Jahren SRF ab 1. Juli als neue Chefredaktorin amtet. Aber inzwischen hängen die dunklen Gewitterwolken immer tiefer über dem Sender.

Rasch bestätigte gegenüber CH Media, dass am Sonntag der Verwaltungsrat tagen werde. Vorher gebe er keinen Kommentar ab. Es scheint aber durchaus möglich, dass dann dem Sender der Stecker gezogen wird.

Löhne, Schulden, abgängige Besitzer

Denn die 27 Mitarbeiter warten seit anderthalb Monaten auf ihre Lohnzahlungen. Da sorgte es offenbar für gewaltigen Unmut, dass diese kritische Situation Rasch nicht davon abhielt, inzwischen gelöschte Fotos von Luxusferien diesen Sommer mit seiner Lebensgefährtin auf Facebook zu stellen.

Dieses Jahr erst eröffnete Rasch noch ein zweites TV-Studio in Gland (VD). Aber nicht nur die Pandemie und der allgemeine Rückgang von Werbeeinnahmen machen dem Sender schwer zu schaffen. Von Anfang an erstaunte das Aktionariat. 70 Prozent des Senders gehören nämlich den Sidker-Brüdern aus Bangla Desh. Die schon mehrfach Geld nachgeschossen haben.

Nach Streitigkeiten mit einem Bankier sollen sie aber inzwischen im Firmenjet nach Thailand geflohen sein, wollen lokale Medien herausgefunden haben. Es dürfte also eher unwahrscheinlich sein, dass diese beiden Mitglieder des CNN Money-Verwaltungsrats am Sonntag persönlich anwesend sein werden.

Zudem soll Rasch Probleme mit einigen Gläubigern haben; es soll sich um Forderungen von über einer Million Franken handeln.

Kein Grund zur Häme

Sollte es tatsächlich zum Aus für CNN Money Switzerland kommen, dürfen sich die Mitarbeiter sicher nicht über einen Mangel an Häme beklagen. Besonders bitter wäre das für Laeri, die damit die wohl am kürzesten amtierende Chefredaktorin in der Schweizer TV-Geschichte wäre.

Aber Häme ist völlig unangebracht. Das Team hat in den letzten zweieinhalb Jahren Tag für Tag abgeliefert; die Qualität des Gesendeten stand dem Mutterhaus in nichts nach. Anders sähe das aber für Rasch aus. Zaubert er nicht noch einen Retter in höchster Not aus dem Hut, muss er sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er unverantwortlich ein gescheitertes Geschäftsmodell durchstieren wollte.

Sich selbst hielt er dabei offenbar für einen Ferrari-Fahrer. Aber es war dann doch eher ein Oldtimer, der schon lange auf den Felgen fährt. Eigentlich wäre für die Mitarbeiter zu hoffen, dass Rasch rasch von Bord geht und einem kompetenten CEO Platz macht. Wenn es Wunder tatsächlich gibt.

2 Kommentare
  1. Paola Weiss
    Paola Weiss sagte:

    Die bittere Wahrheit ist: Wer nur mal ein paar Minuten CNBC geschaut hat, schaltet nie wieder CNN Money Switzerland ein. Kompetenz, Tempo, Moderation – da setzen die Amis die Latte hoch. Nur bornierte Europäer glauben, sie seien allen andern überlegen.

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  2. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    CNN Money Switzerland war von Anfang ein Flop. Rasch stellte einen Sender mit einem Programm hin, das niemand braucht. Er holte einen Anchorman, den eher langweiligen Gredig aus der Wellnessoase SRF, dazu die kompetente Fuchs. Was Rasch vergass: man muss das Produkt bewerben, bekannt machen. Aber da er der Ansicht ist, dass Einschaltquoten überbewertet sind, hat er Werbung auch folgerichtig unterlassen und sich auf die täglichen 3’000 Hardcore-Fan verlassen! Für die Angestellten ist es natürlich traurig, arbeiten und keinen Lohn bekommen und sich bei Mutter gratis verpflegen, wenn CNN Money nicht bezahlt!

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