Teure Lehrstunde für tsri.ch

Wie man Spendengelder rausballert.

Die Welt von heute ist beherrscht von skrupellosen Börsenspekulanten und finsteren Firmen, die vom Staat das Blut abzapfen und raffgierig ihr Geld bunkern oder unter ihresgleichen verteilen. Sie schwindeln Kurzarbeit vor, halten aber geizig an ihrer Dividenden-Ausschüttung fest.

Die ganze Welt? Nein, irgendwo in Zürich gibt es noch ein paar Journalisten, die gegen diese Abzocker ankämpfen. Dafür brauchen sie aber zuerst einmal Geld, und zwar ziemlich viel.

Tsri.ch ist ein seltsames Medium, dass zwischen Maturazeitung und Musenalp-Express oszilliert. Wer manche Titel nicht versteht, muss leider zugeben, dass er alt geworden ist: «Warum fehlen BIPoC in der Pride?».

In den Texten geht es um die Probleme der Kurden, die besten Velomechaniker, Lesbenprobleme oder die feinsten Milchkaffees in der Stadt Zürich. Wir wollen nicht harsch über tsri.ch schreiben. Wir kritisieren keine Kinder.

17’755 Franken-Recherche

Nur ein bisschen. Es geht nämlich um das erfolgreiche Crowdfunding von tsri.ch. 17’755 Franken haben die Jungen gesammelt. Das Geld sollte ihnen eine breit angelegte «Corona-Recherche» ermöglichen. Die jungen Macher stören sich nämlich daran, dass viele Firmen zwar Kurzarbeit beantragt haben, ihren Aktionären aber trotzdem eine Dividende auszahlen wollen oder dies schon gemacht haben.

tsri.ch sind nicht alleine in ihrer Empörung. Der Nationalrat und der Ständerat haben einer Motion zugestimmt, die eine Dividendenauszahlung bei Kurzarbeit verbieten will. Die Medien haben ausgiebig darüber berichtet. Das Thema ist – durch.

Yes. Ziel erreicht

Trotzdem sind also 17’000 Franken in das Konto von tsri.ch geflossen. «Yes. Ziel erreicht», jubelten die Journalisten. Mit dem vielen Geld könne man nun «einen Monat lang investigativ recherchieren», «einige Firmen genauer unter die Lupe nehmen», mit Rechtsexperten sprechen und sogar versuchen, «via Öffentlichkeitsgesetz vom Kanton Zürich an jene Firmennamen zu kommen, welche Kurzarbeit bewilligt bekommen haben. Diese überprüfen wir dann auf Dividendenzahlungen.»

Uff, ganz schön viele Ziele. Herausgekommen sind dann zehn Texte. Drei von ihnen erhalten von uns knapp das Prädikat «Recherche», bei den anderen gaben sich die Autoren immerhin Mühe. So gesehen sind 17’755 Franken ziemlich viel Geld. Darauf angesprochen reagiert der Chefredaktor Simon Jacoby natürlich pikiert: Einem Recherche-Ergebnis einen finanziellen Wert zuzuordnen, das sei nicht seriös. Sein Team habe einen super Job gemacht, die Leser und insbesondere auch die Teilnehmenden des Crowdfundings seien sehr zufrieden mit der Recherche gewesen.

Eine gute Investition

Von den vielen Versprechungen konnten einige nicht eingelöst werden. Interviews mit Rechtsexperten hätten zum Beispiel keinen Sinn gemacht, da die juristische Frage schnell beantwortet war: Dividenden sind trotz Kurzarbeit natürlich erlaubt. Sie beziehen sich ja auf das abgelaufene Geschäftsjahr. Pech hatte die motivierte Truppe auch mit ihrem Einsichtsgesuch. Da wurden sie von einer Stelle zur nächsten Stelle verwiesen, bis sie eine ablehnende Antwort erhielten. Immerhin: Ab Herbst soll wieder das Öffentlichkeitsgesetz bemüht werden. Tsri.ch will nämlich die abgerechneten Stunden der Zürcher Firmen veröffentlichen. Wie spannend ist das wohl?

17’755 Franken sind so gesehen eine gute Investition in angehende Journalisten. Die erste Lektion ist nämlich immer: Auf jede gute Idee kommen mindestens zwei Niederlagen. Und das lernt man nur im Alltag.

3 Kommentare
  1. Renzo Thalmann
    Renzo Thalmann sagte:

    Haha, Tsüri als Maturazeitung und die Journalisten dort als Kinder zu bezeichenen und dann einen SO lächerlichen Artikel zu schreiben! Tsri ist zehnmal so professionell wie dieses komische Medienportal hier.

    Antworten
    • Alois Fischer
      Alois Fischer sagte:

      Und wie genau äussert sich diese zehnmal höhere (bessere?) Professionalität. Aufwand und Ertrag? Nutzen und Nutzer? Lust zm Lesen oder Kunst um der Kunst Willen?
      Haben Sie auch konkrete Pluspunkte und Vorschläge, was so mustergültig sein könnte? Oder doch nur eine Meinung: that’s it!

      Antworten
    • Alte Schule
      Alte Schule sagte:

      Bitte diese Portale nicht miteinander vergleichen. Tsüri bestimmt ziemlich anbiedernd.

      Zackbum gefällt mir. Das Layout wirklich schön – und gar edel. Denke mal, da hat einer professionell gestaltet. Vielleicht müsste man dieses Stilbeispiel einmal Lukas Hässig zeigen mit seinem bieder daherkommenden „Inside Paradeplatz“.

      Zackbum könnte zum ultimativen Beichtstuhl werden, für all die malochenden und unzufriedenen Medienschaffenden. Jetzt braucht es allerdings einen verschwiegenen Beichtvater/Mutter auf eurer Redaktion.

      Antworten

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